Wir DDR-Dissidenten
„Wer links und rechts in eigenen Infoblasen lebt, sollte sich hüten, paternalistisch heute
erneut Andersdenkende zu diskriminieren.“
Die Diffamierungskampagne 2018 in einigen Medien wie der ‚Frankfurter Rundschau‘ von Markus Decker waren „nur“ die personalisierte Spitze des Eisbergs von Diskriminierung einer ganzen Gruppe ehemaliger DDR-Dissidenten. Inzwischen hat die FR diesen Artikel gelöscht. DDR-BürgerrechtlerInnen wurde darin aufgrund ihrer Gegnerschaft zum totalitären Staat DDR ein Mangel an demokratischer Gesinnung unterstellt. Als seien Duckmäusertum und Anpassung an die Verhältnisse der DDR respektable, demokratische Haltungen gewesen!
Ebenso gibt es keinen Grund, Kritiker des Politischen Islams pauschal rechts einzuordnen, denn zu diesen müssten dann auch die aus dem muslimischen Kulturkreis stammenden Islamkritiker Bassam Tibi, Hamed Abdel-Samad, Necla Kelek, Ahmad Mansour oder Cem Özdemir gezählt werden.
Religionskritische Traditionen
Niemand kommt auf die Idee, einen Kritiker des Christentums, des Judentums, des Buddhismus, Hinduismus oder Atheismus einer „rechten Gesinnung“ zu bezichtigen. Warum ist das beim Islam der Fall? Der Begriff „Islamophobie“ ist bekanntlich von Ayatollah Chomeini als Kampfbegriff gegen den Säkularismus in Umlauf gebracht worden. Offensichtlich mit großem Erfolg, besonders in westlichen Staaten. Wer jeden Islamkritiker, vor allem im Iran selbst, so stempelt, wird, auch ohne es zu wollen, zum Parteigänger Erdogans, der iranischen Mullahs oder Saudi Arabiens.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum insbesondere für die deutschen Linken, in Abweichung von ihrer religionskritischen Tradition, die Kritik am Islam heute ein Tabu ist. Nicht nachvollziehbar sind auch die Wandlungen, welche die politischen Zuordnungen „links“, „rechts“ und „konservativ“ erfahren haben.
Das aber ist ein Zustand, den ehemalige DDR-Bürger als ein wesentliches Element des Totalitarismus aus der DDR-Wirklichkeit kennen und deshalb nur schwer ertragen können. Diese Menschen als „innerlich unfrei“, als Neurotiker zu bezeichnen und sie somit zu pathologisieren, ist eine an der Realität vorbeigehende Anmaßung von „Besserwessis“. Anscheinend sehen sie im Konformismus den Idealzustand der Gesellschaft, weil sie solche Erfahrungen ehemaliger DDR-Dissidenten nicht wertschätzen und ihren abweichenden Blickwinkel nicht nachvollziehen können.
Die Aufgabe von Journalisten ist es, mit Fakten zu informieren und davon getrennt ihre Meinung zu äußern. Oft maßen sie sich aber die Kompetenz von Richtern an, die über Schicksale von Menschen entscheiden. Was Deutschland derzeit fehlt, ist eine echte Meinungspluralität! Und es fehlt eine Streitkultur ohne diktierte Tabus von selbsternannten, sich für Gurus haltende sowie ein zivilisierterer Umgang mit Andersdenkenden.
(Berlin, 17.7.2018 und 2023)
Link: DDR-Bürgerrechtler fordern zukunftsfähige Entwicklung im Land
„Man ist nicht stärker, wenn man alle in eine Form zwängt.“ Cem Özdemir 2023
ZUM AUTOR: B. wurde 1944 im französischen Versteck als Sohn eines jüdischen Kommunisten geboren. Über die Zwischenstation Belgien ging sein Vater 1948 freiwillig nach Polen, um sich dort am Aufbau des Sozialismus zu beteiligen. Unter dem Druck des Antisemitismus übersiedelte die Familie 1957 in die DDR. In der realsozialistischen Wirklichkeit verlor er die vom Vater vermittelte kommunistische Überzeugung. Seine öffentliche Verteidigung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die er als Dresdner Physiker mit Intellekt und Schwejkschem Schalk führte, brachte ihm ein Jahr politische Haft im Zuchthaus Cottbus und schließlich 1977 den Freikauf nach Westberlin ein, wo er sich bis 1989 für die polnische Emanzipationsbewegung Solidarnosc engagierte und deshalb von Putins KGB überwacht wurde.