2007 trafen sich im Herbst mehrere Hundert politische Häftlinge und Cottbuser Einwohner auf Einladung von Dieter Dombrowski (MdL CDU) zur Gründungsversammlung des Menschenrechtszentrums Cottbus in der Ruine des ehemaligen Gefängnisses.
(LR/sim) Der am 31.Oktober 2007 in Cottbus neu gegründete Verein Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. wollte bei Politikern Unterstützung für die Schaffung einer Bildungs- und Begegnungsstätte zur Erinnerung an das Schicksal politischer DDR-Häftlinge in Cottbus suchen.
Das Cottbuser Gefängnis war die zweitgrößte DDR-Haftanstalt für politische Gefangene. Die Gebäude stehen seit Jahren leer und verfallen. Das Menschenrechtszentrum Cottbus will nun zunächst möglichst viel Material über die Geschichte dieses Gefängnisses, sowie der Cottbuser Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit und Schicksale einzelner Inhaftierter sammeln.
Dabei waren der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke und der MdL Dieter Dombrowski (CDU) und der Schriftsteller Siegmar Faust.
Artikel im Tagesspiegel vom 6.Oktober 2007 Das vergessene Gefängnis
Artikel in der Lausitzer Rundschau Cottbuser Erklärung verabschiedet
300 Menschen hatten sich angemeldet, mehr als doppelt so viele kamen
Die Cottbuser Erklärung
Beim Treffen ehemaliger politischer Gefangener in der alten Cottbuser Justizvollzugsanstalt wurde 2007 eine umfangreiche Erklärung verabschiedet, die in den folgenden Wochen in der Region verbreitet werden sollte, damit möglichst viele Menschen das Papier unterzeichnen. Darin heißt es unter anderem:
«17 Jahre nach der glücklichen Wiedervereinigung unseres Vaterlandes mehren sich die Versuche von hohen SED-Funktionären und ehemaligen Offizieren der Staatssicherheit, die Verbrechen der SED-Diktatur zu leugnen und den menschenverachtenden Charakter der SED-Diktatur zu verschleiern. ( . . . ) Die Unterzeichner wenden sich gegen jede Form von Verharmlosung der totalitären Unterdrückung durch den SED-Machtapparat und gegen die Verhöhnung der Opfer. Wir stehen in der besonderen Verantwortung, kommenden Generationen den fundamentalen Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur zu vermitteln und eine aktive Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit zu pflegen.»
Die Unterzeichner der Erklärung fordern deshalb eine intensivere Auseinandersetzung mit dem SED-Unrecht. Dazu gehöre das Erhalten von Haftorten und der Ausbau zu Gedenk- und Informationszentren. «Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten muss sich dieser Aufgabe stärker als bisher annehmen» , heißt es dazu in der Erklärung.
Eine weitere Forderung betrifft die historische Aufarbeitung. Dazu heißt es: «Die Untaten der SED-Diktatur sind in Tausenden Kilometern Akten dokumentiert. Sie sind, neben den Zeitzeugen, die wichtigste Quelle der Aufarbeitung. Der Zugang zu ihnen muss deutlich leichter werden. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz behindert vielfach eine freie Forschung. Zum Jahresende sollen zudem die Akten der Stasi-Bezirksverwaltung Potsdam aus dem Land Brandenburg nach Berlin abtransportiert werden. Beides ist nicht im Sinne der Aufarbeitung. Die Universitäten und Institute, insbesondere das Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschungen, muss sich in Zukunft verstärkt der Erforschung des SED-Unrechts widmen.»
Eine weitere Forderung in der Cottbuser Erklärung betrifft die aus Sicht der Ex-Häftlinge bisher zu geringen Angebote politischer Bildung für junge Menschen zur DDR-Geschichte: «Das Wissen vieler Schülerinnen und Schüler um die Vergangenheit ist erschreckend lückenhaft. Viele Ältere wiederum neigen dazu, die Vergangenheit zu verklären und den bedrückenden DDR-Alltag zu verdrängen. Die Aufklärung über den SED-Staat muss deshalb dringend verstärkt werden. In den Schulen könnte dies zum Beispiel durch eine jährliche Projektwoche ,Geschichte und Geschichten des 17. Juni 1953‘ erfolgen. Die Lehrer müssen entsprechend fortgebildet werden. Die Landeszentrale für politische Bildung muss ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet sichtbar verstärken.»
Lausitzer Rundschau am 8.10.2007 von Simone Wendler
Artikel Lausitzer Rundschau – Cottbuser Erklärung verabschiedet
Bilder von der Gründungsversammlung des Menschenrechtszentrum Cottbus e.V.
Bilder oben: Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke; MdL Dieter Dombrowski (CDU) und der ehem. politische Gefangene Siegmar Faust am Mikrofon. Der Schriftsteller war seit Mai 2008 ehrenamtlicher Geschäftsführer im Menschenrechtszentrum Cottbus e.V.